„Ich weiß es nicht, ob es ein Lernprojekt ist, oder eine Familie mit 16 verschiedenen Geschwistern.“
Im Lernbetrieb, im Café Rothschild und im Café iZi gab es am Donnerstag, den 15. Juli, viele Anlässe zu feiern. Die ersten fünf Teilnehmer:innen des Projektes viadukt zur Vorbereitung auf den externen Realschulabschluss haben mit Bravour ihre Prüfungen bestanden und ihre Abschlußzeugnisse erhalten. Auch 20 Teilnehmer:innen des Lernbetriebs und 10 Absolvent:innen von Café Rothschild haben ihre Prüfungen zum externen Hauptschulabschluss erfolgreich absolviert.
Gemeinsam sind wir im Evangelischen Verein für Jugendsozialarbeit unglaublich stolz auf unsere Hauptschul- und Realschulabsolvent:innen und gratulieren allen herzlich zu den großen individuellen Erfolgen!
„Dass sie heute hier stehen und ihre Zeugnisse in Empfang nehmen können, ist eine großartige persönliche Leistung von Ihnen. Sie haben es geschafft, aus einer eigenen Motivation heraus, einen scheinbar schon vorgezeichneten Weg zu verlassen und sich einer Herausforderung zu stellen, die Ihnen neue Möglichkeiten und Wege einer beruflichen Perspektive eröffnet.“, sagte Miriam Walter, unsere Geschäftsführung, in ihrer Begrüßungsansprache.
Das viadukt Realschulprojekt bereitet junge Menschen im Alter von 16 bis 22 Jahren, die ihren Abschluss im regulären Schulsystem nicht absolviert haben, seit September 2019 in einem oder zwei Jahren auf die sogenannte „Nicht-Schüler-Realschulprüfung“ vor. Seit 2007 besteht im Lernbetrieb Frankfurt – Produktionsschule für junge Menschen die Möglichkeit, sich auf den externen Hauptschulabschluss vorzubereiten. Durch die hervorragende Arbeit der internen und externen Lehrkräfte und die gute Zusammenarbeit mit der Philipp-Holzmann-Schule, gelingt es, die jungen Menschen bestens unterstützen und zu motivieren.
Das individuelle und eigenverantwortliche Lernen wird je nach Bedarfslage der Jugendlichen von den pädagogischen Fachkräften gekonnt changiert. Neben schulischem Lernen werden auch Sozialkompetenzen wie Arbeits-, Lern- und Sozialverhalten aber auch ganzheitliche Entwicklungen wie Persönlichkeitsbildung gefördert. So werden die jungen Menschen neben dem Abschluss auch auf ein künftiges Berufsleben vorbereitet. Das viadukt Realschulprojekt ist ein Kooperationsprojekt, welches wir gemeinsam mit der Cronstett- und Hynspergischen evangelischen Stiftung zu Frankfurt am Main sowie mit Unterstützung des Ausbildungs- und Qualifizierungsbudgets des Landes Hessen und der ProRegion – Flughafen-Stiftung zur Förderung der beruflichen Bildung realisieren.
Das viadukt Realschulprojekt wurde 2020 mit finanzieller Unterstützung des Inner Wheel Clubs Frankfurt digital gut ausgerüstet, sodass die jungen Menschen mit Tablets, Laptops und WLAN lernen zu können. Besonders für den Englischunterricht hat sich diese Art und Weise des Lernens bewährt, denn das Niveau der Schüler:innen war hier sehr unterschiedlich, sodass jede:r entsprechend seines und ihres Niveaus lernen konnte. Des Weiteren erhielt das Projekt noch großzügige Unterstützungen der Adolf Christ Stiftung und der Gefrim-Stiftung.
Für eine Teilnahme im viadukt Realschulprojekt sollte der qualifizierte Hauptschulabschluss vorliegen, jedoch sind Engagement, Lernlust und die Bereitschaft der intensiven Vorbereitung die wichtigsten Bedingungen. Das Lehrer:innenteam besteht aus Projektleiterin Andrea Klingenhäger (Englisch & Gesellschaftslehre), Christina Schaffroth (Mathe & Biologie), Merve Yüksetepe (Deutschförderung), Barbara Reinhardt (Matheförderung) und Wassili Klisiari (Deutsch), die gemeinsam 16 Schüler:innen fördern und unterstützen. Im Gespräch mit den glücklichen Absolvent:innen erzählten sie uns von ihren Erfahrungen im Projekt:
„Ich habe hier nicht nur Mathe oder Physik gelernt, sondern auch viele Dinge, die man lernen muss. Wir sind hier richtig erwachsen geworden. Ich habe viele Lehrer:innen gesehen, aber die Lehrer:innen hier sind was besonderes, sie sind nicht wie normale Lehrer:innen. Hier waren wir wie eine kleine Familie. Ich weiß es nicht, ob es ein Lernprojekt ist, oder eine Familie mit 16 verschiedenen Geschwistern“ – sagt Zabi (22 Jahre) gerührt und voller Freude.
„Ohne Sie würde ich nicht da stehen, wo ich jetzt bin. Ich hatte vorher eine Ausbildung gemacht, die ich abgebrochen habe und konnte dann hier mein Realschulabschluss machen. Ich habe noch nie in meinem Leben so viel Hilfe bekommen, wie hier in diesem Projekt. Ich bedanke mich herzlich für die Hilfe, die Sie mir durch dieses Projekt gegeben haben. “ – resümiert Jay (18) und richtet sich an die Fachkräfte.
„Danke, dass Sie mich gerettet haben. Ich war ein Problemteenager, bin nicht mit der Schule klargekommen und deswegen auch nicht mehr hingegegangen. Aber als ich in diese Schule kam, war alles anders. Diese Menschen im Projekt haben so krass mit mir an meiner Persönlichkeit gearbeitet. Und jetzt stehe ich hier und habe meinen Realschulabschluss gemacht“ erzählt Lulu (20) mit Tränen in den Augen.
Angela (20) erzählt: „Die Lehrerinnen haben mir sehr Vieles für das Leben beigebracht.“
Erst durch das große finanzielle Engagement der Cronstett- und Hynspergischen evangelischen Stiftung zu Frankfurt am Main wurde es möglich, in Ergänzung zur Vorbereitung auf den externen Hauptschulabschluss auch die Vorbereitung auf den externen Realschulabschluss anzubieten.
Am Ende dieses erfolgreichen und emotionalen Tages fasste Miriam Walter noch einmal den Kern der guten Zusammenarbeit zwischen der Stiftung und dem Evangelischen Verein zusammen: „Wir sind zutiefst davon überzeugt, dass es keine besser angelegte Förderung geben kann, als die Förderung in die Zukunft dieser jungen Menschen. Wir stärken damit unsere Stadtgesellschaft und tragen darüber hinaus zu dem so notwendigen Ausgleich der unterschiedlichen Bedingungen des Aufwachsens bei.“